
Bild 1: Grabanlage mit Gedenkstein für die im Ersten Weltkrieg verstorbenen Kriegsgefangenen auf dem Stadtfriedhof St. Maximi
Über 40.000 Kriegsgefangene verschiedener Nationen sind zwischen 1914 und 1918 im Merseburger Kriegsgefangenenlager interniert. Das Lager entsteht im Süden von Merseburg, am ehemaligen Exerzierplatz des Merseburger Husaren-Regiments, entlang der Naumburger Straße. Mehr als 900 Soldaten und Zivilgefangene überleben die Gefangenschaft infolge von Verwundung, Krankheit oder Entkräftung durch Zwangsarbeit bedingte Strapazen nicht. Auf dem Merseburger Stadtfriedhof St. Maximi, Abteilung V., entsteht eine Reihengrabanlage für fremde Kriegsteilnehmer entlang der Leunaer Straße. Die Gräber erhalten eine Betoneinfriedung mit freistehenden Grabsteinen.

Bis zum Juni 1917 werden in der Massengrabanlage 218 Soldaten und Zivilgefangene des Merseburger Mannschaftsgefangenelagers beigesetzt:
120 Franzosen,
85 Russen,
12 Briten,
1 Belgier
Im Juli 1915 errichten die Gefangenen für ihre verstorbenen Kameraden einen Gedenkstein. Das 3,50 m hohe Ehrenmal aus rotem Sandstein gestaltet der Merseburger Steinmetzmeister Hermann Bielig nach einem Entwurf des hier internierten französischen Architekten Gabriel Ferdinand Boivin. Beide sind am Sockel aufgeführt. Der Stein zeigt auf der Schauseite die Jahreszahlen „1914-1915“, eine Friedenspalme und darunter die Widmung in französischer Sprache: A NOS CAMERADS EN CAPTIVITÈ LES PRISONNIERS EN MERSEBURG („Unseren in der Kriegsgefangenschaft verstorbenen Kameraden. Die Kriegsgefangenen in Merseburg“). Die Widmung wird an den Seiten in russischer und englischer Sprache wiederholt. Die Kosten finanzieren die Kriegsgefangenen über eigene Spendensammlungen im Lager. Im Juli 1917 entsteht direkt am Kriegsgefangenenlager ein eigener Friedhof für die verstorbenen Gefangenen (heute „Sowjetischer Ehrenfriedhof“). Auf dem Lagerfriedhof werden bis Kriegsende weitere 700 Gefangene beigesetzt.
In den 1920er Jahren werden die auf dem Stadtfriedhof bestatteten Kriegsgefangenen der West-Alliierten umgebettet und auf eigenen nationalen Soldatenfriedhöfen beigesetzt. Die hier bestatteten russischen Kriegsgefangenen verblieben in Merseburg.

Die durch Bombenschäden und jahrelange Vernachlässigung verfallene Anlage wurde in den Jahren 2019/20 instandgesetzt und als Kriegsgräberstätte wieder gewidmet.