Lagerfriedhof

Soldatenfriedhof „Unter den Eichen“ für die verstorbenen Kriegsgefangenen 

friedhof11Lagerfriedhof mit Blick auf die Gräberreihen und den 1917 errichteten Gedenkstein für die verstorbenen Kriegsgefangenen im westlichen Teil. (1917, Fotopostkarte: Kulturhistorisches Museum Schloss Merseburg)

Von 1914 bis zum Kriegsende 1918 durchlaufen 40.000 Kriegsgefangene verschiedener Nationen das Mannschaftsgefangenenlager in Merseburg. Über 900 Gefangene überleben die Gefangenschaft infolge von Verwundung, Krankheit oder Entkräftung durch arbeitsbedingte Strapazen nicht. Im Juli 1917 lässt die Lagerverwaltung auf Druck der Stadt Merseburg direkt am ehemaligen Exerzierplatz einen eigenen Friedhof anlegen. Bis dahin waren die verstorbenen Gefangenen auf dem Stadtfriedhof St. Maximi an dessen Südostende, entlang der Leunaer Straße bestattet worden. Nach den Plänen des Militär-Bauamtes in Halle entsteht eine geschlossene, rechteckige Anlage mit Grabreihen zu je acht Gräbern. An der Schnittstelle der beiden Hauptwege der Anlage errichtet der Merseburger Bildhauer Richard Kopp einen Gedenkstein aus grauschwarzem Granit. Das Denkmal ist in Form eines Obelisken gestaltet. An jeder der vier Seiten sind ein Medaillon und eine Tafel aus Bronze angebracht. Auf der Tafel stand in französischer, russischer, englischer und italienischer Sprache: „Unseren in der Gefangenschaft verstorbenen Kameraden“.
friedhof21Gedenkstein auf dem Lagerfriedhof. Der von dem französischen Kriegsgefangenen P. Saury entworfene Stein ist in Form eines Obelisken gestaltet. (1917, Fotopostkarte: Kulturhistorisches Museum Schloss Merseburg)

 

Bis zum Kriegsende 1918 werden auf dem Lagerfriedhof nachweislich 284 Franzosen, 261 Russen, 87 Italiener, 38 Briten, 29 Portugiesen, 4 Belgier und 1 US-Amerikaner bestattet.

Auf dem Friedhof werden Soldaten verschiedener Nationalitäten und Religionen nebeneinander beigesetzt, deren Grabsteine christliche und orthodoxe Kreuze oder Halbmonde schmücken. Die bis 1921 in Merseburg verbleibenden russischen Kriegsgefangenen bestatten ihre Toten weiterhin im östlichen Teil der Friedhofsanlage. Ihnen zu Ehren wird 1919 ein zweiter Gedenkstein aufgestellt. Erneut fertigt der Merseburger Bildhauer Richard Kopp das Denkmal. Sockel und Gedenkstein sind aus rotem Sandstein gefertigt. Als einziger Schmuck ist auf der Ostseite eine Dornenkrone ausgearbeitet. An den Seiten ist die Inschrift in Russisch und Deutsch zu lesen: „Zum ewigen Gedenken errichtet den hier in der Gefangenschaft nach Kriegsende Verstorbenen; von ihren Kameraden des Lagers“. Zur Enthüllung des Mahnmals am 30. November 1919 sind neben tausenden russischen Gefangenen, Vertreter und Abordnungen der Stadt Merseburg unter Begleitung der hiesigen Militärkapelle anwesend.

friedhof3Französische und russische Kriegsgefangene bei der Errichtung des Gedenksteins für ihre verstorbenen Kameraden auf dem Stadtfriedhof St. Maximi in Merseburg.
(1915, Glasnegativ Fotoatelier Herfurth, Kulturhistorisches Museum Schloss Merseburg)

Die Friedhofsfläche, deren Pflege der Stadtverwaltung untersteht, wird nach dem Krieg teilweise eingeebnet. Die verstorbenen und hier bestatteten Gefangenen der West-Alliierten werden in den 1920er Jahren exhumiert und auf eigenen Soldatenfriedhöfen in Frankreich, Italien und England beigesetzt. Die verstorbenen russischen Gefangenen verbleiben in Merseburg und werden nicht in ihre Heimat überführt, wie auch auf dem Stadtfriedhof St. Maximi.

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